Warum und wie? Ein Interview mit der Expertin Sandra Knüttel zum Thema New Work

Wir haben Sandra Knüttel, Mitgründerin von Branding4Future, zum Thema New Work interviewt. Sie ist Beraterin und Gründerin verschiedener Unternehmen und erarbeitet mit ihren KundInnen neue Wege und Lösungen für Belange rund um die soziale Verantwortung von Unternehmen im Rahmen der Nachhaltigkeit. In ihrer führenden Position zeichnet sie sich durch neue Denkweisen aus und teilt gern ihr außerordentliches Know-How. Als Sparringspartnerin, Moderatorin und Beraterin animiert sie Menschen, sich Stillstand und eingefahrener Routine zu widersetzen und sich stattdessen auf Neues einzulassen. Wir sprechen mit Sandra unter anderem darüber, warum wir New Work brauchen, welche Hürden es geben kann und, was man auch als Angestellte/-r tun kann, um mehr New Work zu leben.

Erzähl uns doch bitte kurz etwas über deine Tätigkeit, deinen Ansatz als Beraterin und welche Rolle dabei New Work spielt.
Unser Ansatz bei Branding4Future – als Sparringspartner für UnternehmerInnen und Führungskräfte – versteht Wandel als Prinzip, in dem große Chancen stecken. Wir stellen Menschen, die Natur und die Gesellschaft in den Mittelpunkt des Wachstums und betrachten Unternehmen und die Herausforderungen individuell. Unser Portfolio umspannt dabei Netzwerkökonomie im Unternehmertum, mit Impulsen und Inspiration, die Entwicklung von Strategien, das Setzen und Erreichen von Nachhaltigkeitszielen und wir begleiten Unternehmen auch im Projektmanagement bei der Umsetzung.

Demographischer Wandel, Ressourcenknappheit, Fachkräftemangel, künstliche Intelligenz – alles Themen, mit denen sich UnternehmerInnen auseinandersetzen müssen. Die heutige Unternehmenswelt ist schnelllebig und agil. Das einzig Beständige ist die Veränderung selbst! Wir beschäftigen uns innerhalb Branding4Future mit Trends und Megatrends. Einer davon ist New Work.

New Work ist ein Trendbegriff und in aller Munde. Trotzdem ist er eher schwierig zu definieren und kurz und präzise zu erklären. Was bedeutet für dich New Work und was sind für dich entscheidende Faktoren?
Wie du gerade selbst gesagt hast, ist es gar nicht so einfach New Work zu definieren. Natürlich verbinde auch ich mit dem Begriff erst einmal die Beschreibung von einer neuen und flexibel gedachten Arbeitsweise, die sich sehr an den Bedürfnissen der Belegschaft orientiert und neue Standards von Führung und Unternehmenskultur im Unternehmertum vorantreibt. Nichtsdestotrotz ist New Work so viel mehr als nur eine moderne Arbeitsweise. Meiner Meinung nach steht der New Work-Ansatz gerade erst am Anfang, vor allem sorgt dieser Trend aber dafür, dass wir neue Modelle nicht nur theoretisch denken, sondern auch aktiv anfangen sie zu leben.

Warum brauchen wir diese neue Art des Arbeitens?
Unser Umfeld ist schnelllebig und unsere Gesellschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Die Ansprüche der ArbeitnehmerInnen orientieren sich heutzutage nicht mehr ausschließlich an einer hohen Entlohnung und einem schicken Firmenwagen. Die Kreativökonomie ist ausgebrochen 😉.
Ich glaube, wir verfolgen heute einfach nicht mehr die Einstellung „Leben, um zu Arbeiten“ und das ist auch gut so. Jeder möchte doch eine sinnhafte Tätigkeit ausüben, die sich in unser Privatleben integrieren lässt. Wir möchten uns nicht einschränken oder verzichten müssen. New Work ist ein toller Ansatz, um individuelle Unternehmenskulturen zu etablieren. New Work ist darüber hinaus nicht nur eine neue Art des Arbeitens. Es geht um viel mehr: Resilienz, Lebensstile, Nachhaltigkeit, Leadership. Es ist eher ein epochaler Umbruch.

New Work wird oft mit flexiblem Arbeiten in Zusammenhang gebracht, was v.a. in der IT-Branche möglich ist. Warum ist New Work auch für nicht-digitale Unternehmen, wie bspw. Handwerksbetriebe relevant und wie kann New Work hier aussehen?
Natürlich kann auch die Handwerker-Branche an flexible Arbeitszeiten denken und diese im eigenen Unternehmen implementieren, vorausgesetzt die Rahmenbedingungen lassen dies zu. Schließlich bleibt eine zu streichende Wand immer noch dort wo sie steht und kann nicht remote gestrichen werden. Ein wirklich spannender Aspekt hier ist aber das Umfeld Digitalisierung, die Einführung digitaler Prozesse, um sowohl die Organisation als auch die Kommunikation im Betrieb zu erleichtern und zu verbessern. Dadurch wird das Wohlfühlklima gestärkt und eine Unternehmensphilosophie gelebt, bei der die MitarbeiterInnen im Mittelpunkt stehen.
Außerdem geht es bei New Work unter anderem auch darum, ein zeitgerechtes Mindset in der DNA des Unternehmens zu verankern. Es kommt also viel darauf an, wie ich meine MitarbeiterInnen behandle, wie gut ich sie verstehe und, dass ich mich an die Rahmenbedingungen der heutigen Zeit anpasse. Auch im Bereich Führung muss ein Paradigmenwechsel her. Die Corona Krise ist eine Bewährungsprobe für Unternehmen und damit ebenfalls für Führungskräfte. Eine Führungskultur, die Freiräume bietet und Kompetenzen und das Potenzial von MitarbeiterInnen freisetzt, steht auf der Gewinnerseite. Denn man kann vieles einfach nicht kontrollieren und das muss man auch nicht, wenn alle am selben Strang ziehen und die eigenen Ziele zu denen des Unternehmens passen.

Was sind deiner Erfahrung nach die größten Hürden beim Einführen einer New Work-Philosophie?
Um ehrlich zu sein, ist man das selbst. Als UnternehmerIn und als Führungskraft. Man muss sich abkoppeln, von dem wie es bisher lief und zulassen, was kommt. Schau auf die Bedürfnisse DEINER MitarbeiterInnen (und KundInnen!). Stifte Sinn und Nutzen! Wertorientiertes Führen, das die Menschen, die mit Dir an Deiner Front kämpfen, in den Mittelpunkt stellt und nicht nur als Ressourcen im Businessplan auswirft. Es braucht vielleicht mehr eng gekoppelte Arbeitsverhältnisse, Strukturen verändern sich, die Digitalisierung nimmt zu, wir müssen Büroräume neu denken, um Synergien aus Remote- und Präsensarbeit optimal zu nutzen und insgesamt müssen wir alle Beschäftigten als Individuen begreifen. Sich für individuelle Lösungen öffnen – das ist wichtig.

Was sind deiner Erfahrung nach die größten Benefits für Unternehmen, die es schaffen New Work zu leben? 
In Zukunft geht es um die gelungene Symbiose aus Arbeiten und Leben. Der Effekt, der durch Corona noch beschleunigt wurde, wird durch viele andere Megatrends und Subtrends noch gepusht. Wir brauchen uns die Frage nach den Benefits nicht stellen. Wir müssen uns fragen was passiert, wenn wir uns darauf nicht einlassen.

In der New Work-Philosophie geht es darum, Verantwortung von Führungskräften hin zu Mitarbeitenden zu verlagern. Das geht oft mit der Angst vor Kontrollverlust bei Führungskräften einher. Ist diese Angst und berechtigt und wie geht man am besten damit um?
Eine menschliche Führungskultur basiert auf klaren Werten und ist auf die Bedürfnisse und Wünsche der MitarbeiterInnen fokussiert. Unterm Strich müssen doch die Ergebnisse stimmen, auch wenn zwischendurch der Einkauf erledigt wird oder die Kinder betreut werden. Wer als Führungskraft Command & Control gelebt hat, war auf dem Posten sowieso schon immer falsch. Klingt hart, ist aber wirklich meine Meinung. Es geht ja darum, Ziele zu erreichen und dieses Erreichen auch gern zu controlen.

Und was kommt auf die Mitarbeitenden zu?
Die Verantwortung verteilt sich viel breiter. Es bleibt unheimlich wichtig, sich aufeinander verlassen zu können und vor allem sich gut zu organisieren. Führungskräfte werden mehr Sparrings-Partner und Mentoren und unterstützen so ihr Team. Sehr hilfreich ist aber auch die fortschreitende Digitalisierung. Projektmanagement und Selbstmanagement rücken mehr und mehr zusammen. Hier sehe ich ganz klar eine hohe Relevanz in der Nutzung von sinnvollen Tools, wie z.B. eure App MyLUI für die optimale Selbstorganisation und das Organisieren von Aufgaben.

Es gibt viele verschiedene Wege New Work in Unternehmen zu bringen. Wie kann die Einführung einer New Work Unternehmensphilosophie beispielhaft aussehen?
Den Ist-Zustand ermitteln, Mitarbeiter einbeziehen, Kultur und Anforderungen analysieren, Lösungen erarbeiten und umsetzen. Eigentlich ganz einfach 😉.

Was erwartet mich als UnternehmerIn, wenn ich mir externe Beratung zur Einführung einer New Work-Philosophie hole?
Vor allem eins: Unterstützung!
Veränderungen in Unternehmen einzuführen ist stellenweise ganz schön hart und tut auch mal weh. Irgendwann muss man immer durch ein Tal der Tränen. Da ist es sehr hilfreich jemanden an der Seite zu haben, der einem die Potentiale in diesen Veränderungen aufzeigt und dich motiviert weiter zu machen oder eben auch einen neuen Blickwinkel einzunehmen.
Wir bezeichnen uns gerne als Sparringspartner, weil es uns ein großes Anliegen ist das Unternehmen auf dem Weg zu begleiten und sowohl strategische als auch organisatorische Prozesse mitzugestalten.

Gibt es auch Möglichkeiten für Mitarbeitende, die nicht in einer Führungsposition sind, New Work mehr zu leben?
Absolut. Wie bereits erwähnt ist die New Work-Philosophie stark mit der persönlichen inneren Haltung verbunden. Die Philosophie lebt von einem Mindset, das sich an modernen, menschenzentrierten Werten orientiert. Hier wäre zum Beispiel ein Ansatz, den eigenen KollegInnen mit diesem Mindset zu begegnen und eine offene Kommunikation im Unternehmen zu fördern, aber auch beispielsweise ein Netzwerk aufzubauen, Symbiosen zu schaffen und Abschied von der Leistungsgesellschaft zu nehmen.

Wie sieht deiner Meinung nach die Unternehmenskultur und Arbeitswelt in 10 Jahren aus?
Eine Welt, in der wir Arbeit so verstehen, dass sie auf Wertschätzung, Achtung und Effizienz ausgerichtet ist. Dass wir sowohl Umweltfaktoren, wie den Klimaschutz oder auch die Ressourcenknappheit berücksichtigen und zu deren Verbesserung beitragen. Aber auch, dass wir neue Technologien sinnvoll in die Arbeitsstrukturen integrieren, sodass wir die enormen Vorteile von digitalen Prozessen nutzen, ohne die menschliche Interaktion dabei zu vernachlässigen. Ich denke, dass besonders künstliche Intelligenz, aber auch die emotionale Intelligenz eine wichtige Rolle spielen werden.
Das Unternehmertum der Zukunft wird von einer Netzwerkgesellschaft, Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit geprägt sein.

Was sind für dich die wichtigsten Punkte, die ein Unternehmen auf jeden Fall beachten sollte, wenn es die New Work-Philosophie umsetzen möchte?
MACHEN. Entscheidungen treffen, Wege gehen, ausprobieren. Kultur leben lassen.
Alles in allem liefert es Vorsprung. Die Innovationskraft, die hieraus entsteht, werden wir in den nächsten Jahren sehr spüren.

Gibt es in einem Unternehmen / für Mitarbeitende No-Gos? Also Dinge, die überhaupt nicht mit der New Work-Philosophie vereinbar sind?
Problematisch ist hierbei eine verschlossene Haltung gegenüber neuen Ideen und Möglichkeiten, die den Arbeitsalltag verbessern können. Die Aufgabe der Führungskräfte in Zukunft ist hier eine positive Grundeinstellung einzunehmen und dabei zu helfen, alte Glaubenssätze abzubauen.

Wenn du einen abschließenden Rat formulieren könntest, was würdest du UnternehmerInnen & Führungskräften im Allgemeinen raten?
Das habe ich oben schon gesagt: MACHEN. Entscheidungen treffen, Wege gehen, ausprobieren. Mehr auf das Erreichen von (Etappen-) Zielen zu schauen und Erfolge auch mal zu feiern.

Vielen Dank, dass du deine Erfahrungen und Expertise mit uns geteilt und uns deine Sicht auf New Work erklärt hast. Und wie Sandra schon gesagt hat: „New Work ist so viel mehr als nur eine moderne Arbeitsweise“ und deshalb geht unsere Themenreihe auch schon bald weiter. Also seid gespannt 😉